Riegenreise ins Emmental

10./11. September

Pünktlich, etwas vor 07:30 Uhr, war das 36-jährige Nostalgie-Postauto mit 40 Männerrieglern praktisch voll besetzt und die Fahrt ins Emmental konnte beginnen. Natürlich hatte Ruedi Gerber, unser Chauffeur, keinen langweiligen Autobahnkurs gewählt, vielmehr steuerte er seinen nostalgischen Brummer quer durch den teilweise nebelverhangenen Aargau, das Luzerner Hinterland via Huttu nach Dürrenroth im Emmental.

Dass wir nun definitiv im Bärnbiet angekommen sind, haben wir an Hanspeters Stimme sofort erkannt. In perfektem, breiten Bärndüütsch dirigierte er (charmant notabene) das hübsche Servicepersonal zu den durstigen Kehlen und war besorgt, dass kein Kamerad die bevorstehende Wanderung mit einer Unter-Koffeiinierung antreten musste.

Nun ging es auch schon los, schliesslich ist eine Riegenreise nicht nur zum schwafle und karisiere da...

Nach einem lockeren ebenen Weg hat sich alsbald auch hier die Spreu vom Weizen getrennt.

Aber hoppla, kaum war der erste richtige Anstieg überwunden, mussten wir feststellen, dass uns der mitleitende Herbi auch ohne GI PI AS auf Abwege bringen kann. Schmunzelnd und von entsprechenden Sprüchen begleitet hat er uns aber gleich wieder auf den rechten Weg geführt und alsbald erreichten wir den Bauernhof der Familie Ryser in Mühlstettelen.

Was Initiative und Flexibilität, gepaart mit bodenständiger Natürlichkeit und Gastfreundschaft zu bieten hat, durften wir gleich erfahren. Nach dem Einstimmen bei einem kühlen Bier, Most oder Glas Weissen, wurden wir bald aufs Beste mit Hamme, Härdöpfusalat, Züpfe und frischen Salaten verwöhnt. Das war aber noch lange nicht alles: kaum gegessen, vergnügten wir uns auf der Kegelbahn, die natürlich wie zu Grossvaters Zeiten von Hand betrieben wurde, d.h. jeder hat seine Kegel selber wieder aufgestellt. Dass der Nagelbock immer wieder ein Magnet ist, hat man an der munter hämmemden Schar gesehen. Auch das Steinstossen hat den Ehrgeiz einiger Kameraden geweckt, so als wären alles ehemalige Nationalturner.

Auch beim ,Platzgen' (einem nostalgischen Zielwurfspiel) wurde die Geschicklichkeit und Treffsicherheit heraus gefordert.

Als Höhepunkt war sicherlich das Seilizüche zu werten, und dank den wohlgefüllten Ränzen und den strammen Beinen wurde das dicke Seil bis an seine Grenzen getestet. Das Kräftemessen war natürlich von motivierenden Anfeuerungsrufen unterstützt und applaudiert....alles in allem eine höchst vergnügliche und kulinarisch währschafte Mittagsrast.

Anschliessend standen vier Fuhrwerke bereit, um die satten und zufriedenen Männerriegler gemütlich im 2PS Tempo über sanfte Hügel und Wälder nach Wasen zu bringen. Ein Gläschen kühlen Weissen, ein frisches Bier, liebliche Landschaft und perfektes Spätsommerwetter machten diese Fahrt zum ruhigen, beschaulichen Erlebnis. War natürlich Ehrensache, dass nicht wenige der fitten Truppe bei einer nahrhaften Steigung ausstiegen um somit die braven Zugpferde nicht über Gebühr zu strapazieren.

Allseits in bester Wanderlaune verabschiedeten wir uns in Wasen von Pferd und Kutscher(innen) und nahmen die zweite Wanderung des Tages mit Ziel Lüderenalp in Angriff. Auch hier erfuhren wir die sanfte Schönheit des Emmentals hautnah und bei besten Bedingungen. Ebenso typisch wie die Schönheit der Landschaft war wieder einmal mehr der Wanderstil der Männerriegler zu bestaunen: aufgeteilt in unzählige kleine Grüppchen und auf einige Kilometer auseinandergezogen erfreuten sich die einen am neuen Streckenrekord, die anderen an den genehmigten Päuslein auf der Genusswanderung. So oder so, für ein kühles, erfrischendes Bier auf der Terasse bei wunderbarem Panorama in die Berner Alpen reichte es sowieso allen.

Aller Schönheit zum Trotz, hiess es alsbald Zimmer beziehen, den eigenen Korpus auf Hochglanz bringen und ab zum Nachtessen.

Ausgiebig konnten wir nun die Ereignisse des Tages kommentieren, diskutieren, übertreiben, aber auch schönreden und so ganz nebenbei ein vorzügliches Nachtessen geniessen. Nach vollem Programm mit Salat, Rahmschnitzel, Gemüse und sonstigen Beilagen durfte natürlich die obligate Märängge mit Niedle nicht fehlen. Ist ja klar, dass nach diesen Anstrengungen die leeren Schläuche wieder zu füllen waren, vor allem in Anbetracht der noch bevorstehenden Höchstleistungen am Sonntag.

Da wir uns vor lauter Bars und Nachtklubs auf der Lüdere nicht recht entscheiden konnten, liessen wir den Abend bei einigen Bierchen und/oder einem Bätziwasser sanft ausklingen.

Nach einem kräftigen, reichhaltigen Frühsttick war das obligate Photoshooting angesagt. Bei idealen fotografischen Bedingungen strahlten wir mit der Sonne um die Wette, waren alsbald die Bilder im Kasten, resp. auf dem Chip, und die ganze Show war schon vor der vereinbarten Zeit vorbei, sodass jetzt halt einer fehlt...tja die Männerriegler sind halt immer einen Zacken schneller als andere Spezies.

Vor der grossen Wanderung konnten wir unsere Rucksäcke wiederum im Anhänger verstauen und alsbald die schöne Wanderung Richtung Ramsei antreten. Ich muss mich einfach wiederholen: schönstes Wetter, sanfte Hügel, malerische, gepflegte Heimetli und schönste Aussichten auf die Alpen und das Emmental waren die Wegbegleiter bis nach Ramsei.

Natürlich gab es neben all den flotten Sprüchen und Geschichten auch kleine Höhepunkt e, z.B. das Verschnuufer-Pintli, eine kleine, blumengeschmückte Hütte mit kühlem Bier in Selbstbedienung verhalf den Genusswanderern zu einer wohlverdienten Pause.(Die alte Bauersfrau frage uns jedenfalls, warum denn die anderen Gruppen vor uns so ,gschprängt' daher gekommen seien?) Flotten Schrittes erreichten wir Ramsei, wo zwischen Emme und Bahndamm der nächste Höhepunkt der Reise auf uns wartete. Kaum hatten wir vor der Club-Hütte Platzgenommen, war schon die Rede von Streich, Träf,, Stecken, Anmessen, Abtun, Bock, Nouss, Ries, Schindel und was der Fachausdrücke sonst noch alle waren. Der geneigte Leser hats natürlich gemerkt, wir waren zu Gast bei den Hornussern und zwar jenen von Grüenematt-Brandis.

In die Geschichte des Vereins und des Hornussens allgemein hat uns der Präsident persönlich eingeführt. Zuerst aber konnten wir unseren Hunger und Durst stillen, lockten doch frisch grillierte, feine Steaks und frische Salate zum Schmaus.

Nach dieser Stärkung gings nun ans Eingemachte resp. an die Stecken und die Nouss.

Die Einführung und die Abschlagdemonstration des Emmentaler Routiniers liess keine Zweifel offen, dass das Abschlagen ein Kinderspiel ist....spätestens bis die ersten Kameraden doch etliche Mühe bekundeten, die Nouss in die gewünschte Richtung zu befordern. Ausgenommen von ein paar wenigen Naturtalentenzeigte die Mehrheit der Männerriegler eine eher mässige Kür, insbesondere bei den Stil-Noten konnten wir einfach nicht punkten. Der Spassfaktor hingegen war definitiv bei 100%: senkrecht nach oben fliegende Noussen, davonfliegende Träfs, aufstiebender Sand und was der Kunststücke möglich waren, alles wurde der aufmerksam und lautstark kommentierenden Schar geboten.

Bald jedoch hiess es Abschied nehmen vom urchigen und traditionellen Sport und wir konnten unsere Plätze im nostalgischen Postauto wieder einnehmen. Nach einer schönen Fahrt durchs Entlebuch ging es ab Luzern dann zügig heimwärts.

Dank den Organisatoren, Hanspeter und Herbert sowie dem Petrus werden uns die zvvei Emmentaler Tage noch lange in bleiben.

Herzlichen Dank !!

Otti Grimm